Heute morgen hatten wir uns vorgenommen, etwas länger auszuschlafen, denn wir hatten die halbe Nacht wieder verquatscht und außerdem wollten wir unser ungewöhnliches Holzbett so lange wie möglich nutzen. Dann aber weckte uns herrlicher Sonnenschein und bei diesem strahlend blauen Himmel hielt uns nichts mehr im Bett.
Also machten wir uns ohne Frühstück auf den Weg zu Mirjams Lieblings-Nationalpark, von dem sie bereits zuhause geschwärmt hatte. Mit einer schlafwandlerischen Sicherheit fanden wir den richtigen Weg und auf der Strecke kamen wir unverhofft durch den “Red Canyon”, der uns so gar nichts sagte, aber dafür mit wunderschönen roten Felsformationen einfach so am Weg lag.
Gegen Mittag erreichten wir unsere nächste Übernachtungsstätte, das “Best Western Ruby’s Inn” und erfreulicherweise konnten wir sofort unser Zimmer beziehen. Etwas überrascht waren wir von den riesigen Dimensionen des Zimmers das mit 4 x 7 Metern, zwei Queensize-Betten und einem Bad als Tanzsaal aufwartete.
Wir hielten uns aber nicht lange auf, sondern machten uns auf den Weg und steuerten den Bryce Canyon Nationalpark an. Dieses Mal hatten wir Glück und mussten beim Eingang nichts bezahlen, aufgrund des Rollstuhlzeichens. Darauf hatten wir auch vorher schon gehofft, aber bei der Einfahrt wurden wir immer darauf hingewiesen, dass die kostenlose Einfahrt in den Park nur für Behinderte mit amerikanischer Staatsbürgerschaft gilt.
So fuhren wir munter durch den Park und bereits nach 2 Kilometern kamen wir am Sunset Point an, der uns eine phantastische Sicht auf das sog. "Große Amphitheater" bot.
Der Bryce Canyon ist einer der größten natürlichen Sehenswürdigkeiten Nordamerikas, auch wenn sein Name eigentlich unzutreffend ist. Es handelt sich nämlich nicht um einen Canyon sondern um eine Ansammlung natürlicher halbbogenförmiger Aushöhlungen in einem Steilhang. Die bizarren Säulen, Türme und Brücken aus Kalk- und Sandstein schimmern durch die Licht- und Schatteneinwirkung in rot, gelb, braun und lila. Wir konnten uns gar nicht sattsehen an den verschiedenen Steinformationen.
Ein spezieller Weg, der Navajo Loop Trail, führte steil abwärts mitten hinein in die verwitterten Schluchten. Dieser Weg war leider mit dem Rollstuhl nicht zu bewältigen und so machten wir uns auf, zum Sunrise Point, der etwa einen Kilometer weiter lag.
Auch von diesem Weg aus gab es immer wieder neue Aussichten auf das Plateau.
Weiter ging es im Auto Richtung Inspiration Point und dann zum Bryce Point, wo wir eine Busladung deutscher Touristen trafen, die gerade vom Grand Canyon kamen und am nächsten Tag nach Las Vegas weiterreisen würden. Sie machten unsere Rundreise in umgekehrter Reihenfolge und in nur zwei Wochen und mussten somit pro Tag mindestens 500 Kilometer zurücklegen. Als wir ihnen von unserer Reise erzählten, waren sie ganz aus dem Häuschen, beneideten uns um unsere noch kommenden Erlebnisse und nach kurzer Zeit hatten wir eine ganze Gruppe Zuhörer um uns gescharrt.
Leider mussten wir den steilen Abhang wieder hinauf und bei 2.600 Metern Höhe und scharfem Gegenwind war das keine einfache Angelegenheit. Mit vereinten Kräften schafften wir es gerade so, wieder oben anzukommen und waren dann völlig außer Puste.
Dabei war Beate vorher schon die Panik ins Gesicht geschrieben, denn der Weg war nicht nur steil abschüssig sondern auch nicht gerade bestens gepflastert und außerdem ohne Geländer oder Abgrenzung zur Schlucht.
Nach diesen ersten Anstrengungen ging es zum dritten Mal ins Auto und Richtung Paria View. Wieder hieß es Rollstuhl ausladen und auf zum Aussichtspunkt. Hier wurde der Fotoapparat stark strapaziert und kurz darauf saßen wir wieder im Auto und waren unterwegs zum Swamp Canyon und der nächste Haltepunkt war Natural Bridge, eine Brücke, die die Natur selbst erschaffen hat.
Weiter gings zum Agua und zum Ponderosa Canyon. Nach dem Black Birch Canyon ging es zum letzten Aussichtspunkt, den man mit dem Auto erreichen konnte, dem Rainbow Point.
Auf knapp 3.000 Metern Höhe lag die Temperatur mittlerweile fast am Nullpunkt und außerdem blies uns eine steife Briese ins Gesicht, so dass wir das Gefühl hatten, es seien mindestens Minus zehn Grad. Aus diesem Grund waren wir recht zügig wieder im Auto, stellten die Klimaanlage auf volle Heizpower und wärmten uns auf dem Rückweg zum Farview Point erst einmal auf.
Zum sechsten Mal an diesem Nachmittag lud Mirjam den Rollstuhl aus und Beate quälte sich noch einmal mit letzter Kraft in ihren Rollstuhl auf das durch die Höhe wieder einmal viel zu stark aufgepumpte Sitzkissen.
Bei näherer Betrachtung der Aussicht fanden wir keinen großen Unterschied zum Mittag und so war Mirjam nicht mehr zu halten und machte sich auf den Weg über den Navajo Loop Trail hinab in die Schlucht. Beate verweilte sich unterdessen an dem Aussichtspunkt und unterhielt sich mit den diversen Besuchern aus allen Ländern.
Der Abstieg (oder besser gesagt der spätere Aufstieg) war für Mirjam sehr mühsam, aber die Mühen haben sich wirklich gelohnt. Gigantische Säulen, tiefe Schluchten, enge Durchgänge und schmale Felsspalten boten ein Bild, das man sicher nie mehr vergessen wird.
Der Bryce Canyon ist nicht allzu groß und so waren wir bald wieder am Ausgang und kurz danach an unserem Hotel. Schnell wurde noch der Wagen aufgetankt für unsere morgige lange Tour zum Monument Valley. Dann packten wir noch die nötigsten Sachen aus dem Kofferraum , schmissen alles schnell ins Zimmer und waren schon auf dem Weg zum Hotel-Restaurant.
Wir stärkten uns mit Turkey-Fleisch und Beilagen und wie es in Amerika so üblich ist, ging die Bestellung, die Lieferung und die dann folgende Rechnungsabwicklung wahnsinnig schnell und dann waren wir auch froh, in unser Zimmer verschwinden zu können.
Der Tag war doch sehr lang und anstrengend und dazu beigetragen hat sicher auch, dass wir noch morgens im T-Shirt bei angenehmen Temperaturen losfuhren und abends bei fast null Grad wieder aus dem Auto ausstiegen.
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